Drucken

Schlacht bei Wörth 1870 - Historische Darstellung als Versöhnung.  

Vom 5. September bis 9. September 2012 fand auf den historischen Schlachtfeldern von Wörth und Fröschweiler (Elsaß) ein Reenactment statt, an dem französische und deutsche Gruppen teilnahmen. Die Veranstaltung fand unter der Zivilbevölkerung guten Anklang. 

 Die Veranstaltung begann am 5. September mit dem „Zeppelinritt“. Der historische Graf Zeppelin war im September 1870 auf einem Vorpostenritt weit in französisches Gebiet vorgestoßen. Einige Ortschaften wollten nicht, daß die deutschen Darsteller sie heute durchritten. In den anderen Orten wie beispielsweise Kröttweiler (Crœttwiller) nahm die Zivilbevölkerung die Darsteller sehr herzlich auf. Die Elsässer zeigten sich hier sehr aufgeschlossen; bemerkbar war aber auch, daß sie nach wie vor weder Franzosen noch Deutsche sein wollen. 

Während die deutschen Reiter im Heu übernachteten, zogen die französischen Darsteller die Herberge vor. Am 6. September wurde der Ritt fortgesetzt, auch wenn der Zeppelin-Darsteller mit Rücksicht auf sein Pferd zurückbleiben mußte. Bei Schirlenhof wurde ein Gefecht zwischen Franzosen und Deutschen nachgestellt, dann im Schloßpark von Fröschweiler die Zelte aufgeschlagen. Das Nachstellen der Schlacht von Fröschweiler, die am 6. August 1870 stattgefunden hatte, war nur im kleinen Rahmen möglich. Sie vermittelte aber Teilnehmern wie Zuschauern eine Ahnung davon, wie 1870 die beiden verfeindeten Mächte miteinander rangen.

Auf Youtube findet sich der Mitschnitt des Gefechts. Besonders interessant ist die Perspektive. Ein Teilnehmer des Infanterie Regiements 30 hat in Marsch und Feuergefecht mit Zündnadelgewehr die Kamera mitlaufen lassen und ohne dramaturgische Kürzung gezeigt, wie lange der Vorlauf zu eingentlichen Aufeinanderprallen war.

Unter den deutschen Teilnehmern befanden sich Infanterie aus Preußen und Bayern sowie württembergische Artillerie. Bemerkenswert ist die Liebe zum Detail, die beispielsweise die Bayern ihren Raupenhelmen oder ihren Stiefeln von 1866 widmen. Diese Einzelheiten fanden auch das Interesse von Museumsvertretern.

Beim Aufmarsch hatte die Musik die „Wacht am Rhein“ gespielt, zum Abschluß erklangen die französische Nationalhymne, die Marseillaise, und Preußens „Heil dir im Siegerkranz“. 
Bei der gemeinsamen Parade der Franzosen und Deutschen marschierten die Bayern mit Fahne direkt hinter der Musik, die das Bayerisches Trompeterkorps stellte. Die Angehörigen wurden als „Musiker der ersten Klasse“ gelobt.

Generell kam bei dieser mehrtäigen Veranstaltung der Militärmusik eine besondere Bedeutung zu. Sie kam besonders bei der Zivilbevölkerung an. Viele Darstellergruppen denken, sie könnten ohne Musik auskommen, nur ihr Erscheinen alleine reiche aus, um Vergangenes anschaulich zu machen. Sie scheinen sich zu irren. 
Nicht nur die Märsche schienen der Bevölkerung „ans Herz“ zu gehen. Eine historische Tanzgruppe aus Besancon war ebenfalls anwesend; sie trat in der Kleidung auf, wie sie zwischen 1860 bis 1875 getragen wurde.

Am Abends fand in Fröschweiler ein Bürgerball statt, den die Bayern ebenso wie die Tanzgruppe besuchten; ein „voller Erfolg“.

Den Abschluß der französisch-deutschen Veranstaltung bildete am Sonntag, dem 9. September 2012 ein ökumenischer Gottesdienst in der 1873 erbauten Friedenskirche. Zelebranten waren eine elsässische Pastorin und ein Pfarrer. Das Thema der auf Französisch gehaltenen Predigt war die „Handreichung“ zwischen bis aufs Blut Verfeindeten. Die Pfarrerin hob den Wert der Veranstaltung hervor. Die Achtung der Tradition, auch der militärischen, sei besonders richtungsweisend für eine freundschaftliche gemeinsame Zukunft. Selbst bei einer so martialischen Darstellung sei alte Feindschaft vergessen, man reiche sich in Freundschaft die Hände und feiere.
Während der Messe erklang das „Großer Gott, wir loben dich“ und auch der Choral von Leuthen „Nun danket alle Gott“. Das Trompeterkorps begleitete den Gottesdienst und spielte auch Stücke aus der Schubert-Messe.
Nach der Messe wackelte in der Kirche der Kronleuchter, den die zwölf Hansestädte gestiftet hatten – die württembergische Artillerie schoß Salut.

Die gesamte Veranstaltung war von der Bevölkerung mit sehr großer Herzlichkeit und Gastfreundschaft begleitet worden. Die Teilnehmer reisten in der Gewißheit ab, viele Freundschaften geschlossen zu haben; in dieser Region dürfte das Bild des bösen „Boche“ erloschen sein.